Reisebeschreibung
Ich möchte den geneigten Surfer für eine Weile in ein Land entführen,
das den meisten so gut wie unbekannt ist.
Wenn ich jemand erzähle, daß ich in Mali war, kommt nicht selten prompt die Reaktion:
Ach ja - auf Bali war ich auch schon. Wenn ich daraufhin betone, daß ich das
Land in Westafrika meine, sehe ich oft erstaunte Gesichter: Wie kann man nach Afrika
wollen, ein Erdteil, der - zum Teil nicht zu unrecht - mit Armut, Krieg und
Naturkatastrophen gleichgesetzt wird.
Doch es gibt auch ein anderes Afrika! Vielleicht vermögen meine folgenden Zeilen und
Fotos dieses zu vermitteln.
Mali mit der Hauptstadt Bamako erstreckt sich südlich der Sahara über
ca. 1600 km von Senegal im Südwesten bis zur algerischen Grenze im Norden. Im 11.
Jahrhundert gründete das Malinkevolk das Großreich Mali. Ihr berühmtester Herrscher war
Kankan Moussa (1312/37), unter dem das Land zur wirtschaftlichen und kulturellen Blüte
gelangte.
Von 1904 bis 1960 gehörte Mali (damals Teil des "Sudan francais") zum
französischem Kolonialbesitz.
Heute hat der Vielvölkerstaat 11 Millionen Einwohner. Die Bambara stellen die größte
Volksgruppe dar. Daneben gibt es die Fulbe, Bozo, Dogon, Tuareg, Mauren u. a..
Flächenmäßig ist das Land etwa dreimal so groß wie Deutschland, jedoch zu zwei Drittel
mit Wüste bedeckt.
Seine wichtigste wirtschaftliche Lebensader ist der sehr fischreiche Fluß Niger mit dem
größten Binnendelta der Welt.
Offizielle Amtssprache ist Französisch, das aber von einem erheblichen Teil der
Bevölkerung nicht gesprochen wird. Etwa jeder Dritte kann weder Lesen noch Schreiben. Die
mittlere Lebenserwartung liegt bei 48 Jahren. 85% der Bevölkerung sind (moderate)
Moslems, 14% Animisten und 1% Christen.
Mit 2 Freunden bereiste ich individuell die westafrikanische Republik Mali (s. Karte).
Unser Flug führte von Berlin über Brüssel und Ouagadougou (Burkina Faso, das ehemalige
Obervolta) nach Bamako. Nach einem kurzen Aufenthalt in diesem unsensationellen
"Millionendorf" begaben wir uns in das ca. 400 km nordöstlich von Bamako
gelegene Fangasso. Der ungefähr 5000 Seelen zählende Ort ist die Partnerstadt des gleich
großen brandenburgischen Städtchens Rheinsberg. In unserem Rucksack überbrachten wir
als offizielle Gesandte von Rheinsberg herzliche Grüße in Form von einem Schreiben des
Bürgermeisters und diverse Fotos über die Stadt und seine Einwohner. Drei Tage genossen
wir die äußerst warmherzige Gastfreundschaft der sehr freundlichen und sanften Menschen.
Bewohner aus umliegenden Dörfern, zu denen die Kunde drang, daß Toubab (Weiße) in
Fangasso weilen, machten sich extra auf den langen Weg, um uns willkommen zu heißen. Wir
wohnten zusammen mit einer Großfamilie vom Volke der Bobo auf einem typisch afrikanischen
Gehöft und bekamen einen tiefen Einblick in die ursprüngliche schwarzafrikanische
Lebensweise. Ein Höhepunkt unseres Aufenthalts war die uns zu Ehren aufgeführte
Inszenierung eines traditionellen Jägertanzes durch die Dorfbewohner. Griots
Musiker, die historische Ereignisse und Persönlichkeiten besingen begleiteten den Tanz
mit Gesang und traditionellen Musikinstrumenten.
Unser nächstes Ziel war die Stadt Djenne, an einem Nebenfluß des Niger, dem Bani,
gelegen. Es gibt in Westafrika kaum eine vergleichbare Stadt, die ein in sich so
einheitlich geschlossenes Ensemble an architektonisch einmaligen Lehmbauten aufweist. Die
Häuser sind typisch für den Sudan ("Land der Schwarzen" - Gebiete am
Südrand der Sahara). Ihre weltberühmte Große Moschee, die zum Weltkulturerbe der UNESCU
gehört, ist kulturhistorisch gesehen, die Eindruckvollste in ganz Westafrika.
Ein weiteres Highlight unserer Reise sollte das legendäre Timbuktu sein. Zunächst ging
es mit einem von Menschen und Tieren überquellendem Buschtaxi nach dem bunten, quirligen
Mopti, wo der Bani in den für lange Zeit geheimnisumwitterten Niger einmündet. Dort
trieben wir eine der um diese Zeit selten bis Timbuktu durchfahrenden Pinassen auf; ein
schmales ca. 15 m langes und 3 m breites Holzboot, angetrieben mit einem Dieselmotor. Es
transportiert hauptsächlich Hirse, Reis und zahlreiche Menschen. Weiße haben auf diesen
schwimmenden "Buschtaxis" absoluten Seltenheitswert. Normalerweise, wenn der
Fluß genügend Wasser führt, dauert die anvisierte Reise 3-4 Tage. Da aber der
Wasserstand im März sehr niedrig war, liefen wir mehrmals auf Untiefen auf, so daß
wir nur sehr zögerlich vorwärts kamen. Um den Tiefgang der Pinasse zu verringern,
mußten wir Fahrgäste in besonders schwierigen Fällen aussteigen und mehrere Kilometer
lange Flußabschnitte per pedes zurücklegen. Nach 6 Tagen hatten wir gerade zwei Drittel
der Strecke geschafft. Um unseren Zeitplan einigermaßen einhalten zu können, wechselten
wir in der Ortschaft Niafunke das Boot gegen einen gemieteten Jeep.
Timbuktu ist nicht mehr das, was es einst im Mittelalter war. Vom Glanz und Reichtum der
einst von der Wissenschaft und vom Handel geprägten Stadt blieb kaum was übrig. Und
doch, wenn man sich der berühmten Historie bewußt wird, liegt über sie immer noch ein
Zauber. Mit ihren traditionellen Bauten und den berühmten mehrere Jahrhundert alten
Moscheen scheint die Zeit in der Stadt am Rand der Sahara stehengeblieben zu sein. Hinzu
kommt die Abgeschiedenheit und die immer noch schwere Zugänglichkeit Timbuktus (es gibt
keine asphaltierten Straßen dorthin!).
Mit einem Jeep verließen wir die Stadt über streckenweise äußerst sandige Pisten, um
ins 300 km entfernte Land der Dogon zu gelangen. Die Dogon leben am Steilabhang der
Falaise von Bandiagara im Osten Malis. Dieses Volk konnte sich weitestgehend der damaligen
Islamisierung und für lange Zeit der französischen Kolonialisierung entziehen. Deshalb
haben sie heute noch eine ausgeprägt eigenständige, von Europäern schwer zu
durchschauende Kultur. Die Menschen glauben an die Beseeltheit der Natur und ihrer
Kräfte. Der Ahnen- und Fruchtbarkeitskult sind zentraler Bestandteil ihres Lebens.
Um die wunderschöne parkartige Sahellandschaft so richtig genießen zu können und mit
den aufgeschlossenen Einheimischen ins Gespräch zu kommen, boten sich Wanderungen von
Dorf zu Dorf an. Beschaulich ließen sich auch größeren Entfernungen mit einem
Pferdekarren überbrücken.
Die Dörfer im Dogonland dürfen grundsätzlich nur mit Führern betreten werden; viele
Plätze und Gegenstände sind mit Tabus belegt.
Mit einem Buschtaxi und einem Überlandbus ging es dann schließlich über 600 km nach
Bamako zurück, um den Heimflug anzutreten.
Fazit: Mali ist sehr interessant für Leute, die die afrikanische Kultur und die von der
westlichen Zivilisation relativ unberührten Menschen intensiv kennenlernen möchten.
Dabei muß man bereit sein, in diesem von Touristen noch wenig aufgesuchtem Land auf
europäische Annehmlichkeiten zu verzichten und sich mit dem ungewohnten Essen und dem
heißen Klima zu arrangieren.
Wer dem Abenteuerlichen nicht abgeneigt ist und Afrikaner "ungeschminkt",
sprichwörtlich hautnah erleben will, sollte auf eine Pinassenfahrt keinesfalls
verzichten. Als Alternative zur Strecke Mopti - Timbuktu bietet sich auch eine 2
bis 3tägige Bootstour von Djenne nach Mopti an.
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